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Autor: Alexander440301

Humanistische Einstellungen

Humanistische Einstellungen

Wir zählen uns zu den Weltanschauungsgemeinschaften in der Tradition der europäischen Aufklärung und artikulieren die Interessen und Rechte von Konfessionslosen. Dieses Selbstverständnis beruht auf der Auffassung des weltlichen Humanismus:

Der weltliche Humanismus ist ein diesseits orientiertes, ethisch begründetes Lebenskonzept.

Danach haben alle Menschen das Recht und die Verantwortung, ihr individuelles Leben selbst zu bestimmen. Ausgehend von der humanistischen Lebensauffassung fördern wir den konstruktiven und friedlichen Austausch von Ideen. Wir kritisieren jeden Dogmatismus und vertreten keine absoluten Wahrheiten.

Die Wissenschaften sind für den Humanismus ein unverzichtbares Hilfsmittel. Sie beruhen auf menschlichen Erfahrungen, auf der Überprüfbarkeit ihrer

Aussagen und auf der kritischen Beurteilung ihrer praktischen Konsequenzen. Da Wissenschaft selten wertfrei und ohne Eigeninteresse benutzt wird,

müssen die Forschung und die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse an ethische Kriterien geknüpft werden. Humanistinnen und Humanisten gehen davon aus, dass in der Natur eine „göttliche“ Kraft nicht wissenschaftlich nachweisbar ist. Menschen sind Teil der Natur und müssen daher Verantwortung für die Erhaltung der Arten und für die Bewahrung der ökologischen Lebensgrundlagen übernehmen, die z.B. durch die Bevölkerungsexplosion und durch das vorherrschende Wirtschaftssystem bedroht sind. Die Menschen haben die Freiheit, zwischen verschiedenen Lebensauffassungen zu wählen. Humanismus setzt die Fähigkeit zu selbstbestimmter ethischer und moralischer Entscheidung voraus. Selbstbestimmung bedeutet die Entfaltung persönlicher Freiheit in sozialer Verantwortung. Zur Selbstbestimmung gehört ebenso das Bewusstsein der Grenzen menschlicher Erkenntnis. Selbstverantwortung und Solidarität der Menschen untereinander machen die Verwirklichung der Menschenrechte zu einem Schwerpunkt humanistischer Praxis Humanistinnen und Humanisten erfahren die Vielfalt der menschlichen Lebensformen als Bereicherung. Deshalb wenden sie sich gegen jede Diskriminierung auf Grund von ethnischer Abstammung, Geschlechtszugehörigkeit, nationaler oder sozialer Herkunft sowie auf Grund religiös weltanschaulicher Bindungen oder des sexuellen Verhaltens.

Diese Vielfalt und die Toleranz sind Ausdruck von Freiheit in einer Gesellschaft. Krieg, Produktion von Massenvernichtungsmitteln und Waffenhandel sind Merkmale inhumaner und irrationaler Verhaltensweisen. Dauerhafter Frieden ist dagegen ein zentrales Ziel des Humanismus. Eine ideologisch-religiöse Hilfestellung für Armeen etwa durch Militärseelsorge, steht im Widerspruch zu humanistischen Ideen. Die humanistische Lebensauffassung begründet die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Emanzipation von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen. Die fortdauernde Herrschaft der Männer über die Frauen lässt sich mit einer humanistischen Weltbetrachtung nicht vereinbaren. Sterben und Tod sind Teilaspekte des Lebens, die weder zu verdrängen noch zu idealisieren sind. Wir treten ein für das Selbstbestimmungsrecht des Individuums auch in der letzten Lebensphase, was das Recht auf den eigenen Tod einschließt.

Die Bereitschaft zur Verständigung ist die Grundlage, das Miteinander auf der Erde zu garantieren. Humanistische Überzeugungen sind gekennzeichnet von Toleranz gegenüber allen Menschen, anderen Denk- und Lebensauffassungen und zu Religionen.Toleranz trifft dabei ihrerseits auf Grenzen, wenn Menschenrechte verletzt bzw. wenn Positionen der Intoleranz vertreten werden.

Humanistische Vereinigungen arbeiten international an der Verwirklichung der Menschenrechte. Ihre Vorstellung eines Zusammenlebens auf unserem Planeten liegt in menschenwürdigen Lebensverhältnissen, demokratischen Freiheit en und in der uneingeschränkten Selbstbestimmung für alle Menschen.

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Säkularität und Laizismus

Säkularität, Säkularisierung,
Säkularisation, Laizismus

© Gerhard Czermak 2016
 
Die verschiedenen Begriffe, die mit „säkular“ gleich weltlich im Gegensatz zu „religiös geprägt“ sowie mit „laizistisch“ zusammenhängen, bedeuten Unterschiedliches. Sie werden aber gern vermengt und bedürfen der Klärung.

1 Säkularität des Staats

Säkularität ist ein Kennzeichen des modernen Staats, der sich als Resultat jahrhundertelanger auch blutiger Auseinandersetzungen nicht mehr religiös definiert. Er ist auch eine wesentliche Folge der allmählichen Verweltlichung (Säkularisierung) aller Lebensbereiche seit dem Beginn der europäischen Neuzeit. Der säkulare Staat hat ausschließlich innerweltliche Zielsetzungen. Auch im Grundsatz säkulare westliche Staaten weisen recht unterschiedliche Ausformungen ihres theoretischen und praktischen Verhältnisses von Staat und Religion/Weltanschauung auf. Meist genießen Religionsgemeinschaften, speziell die christlichen Kirchen, trotz Garantie persönlicher Religionsfreiheit auch rechtlich deutliche Vorteile. Das wird gern, aber jedenfalls in pluralistischen Staaten unzutreffend damit begründet, allein aus innerweltlichen Gründen der Integration und Nützlichkeit für die Gesellschaft sei speziell Religion bei ihrem äußeren Wirken zu unterstützen.

2 Säkularisierung und Säkularisation

Immer wieder werden „Säkularisierung“ und „Säkularisation“ leider synonym gebraucht Säkularisierung ist seit der beginnenden Neuzeit die zentrale Entwicklungslinie im Verhältnis von Religion und Gesellschaft. Gemeint ist der vielschichtige Prozess des allmählichen Bedeutungsverlustes insbesondere der organisierten Religion in allen Lebensbereichen. Anders ausgedrückt bedeutet Säkularisierung die Verweltlichung im Sinn von individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Loslösung aus speziell kirchlichen Bindungen, kurz, die Emanzipierung aus kirchlicher Vormundschaft. Darüber hinaus meint Säkularisierung auch das Streben nach innerweltlicher Erkenntnis der Wirklichkeit ohne religiöse Begründung. Besonders die katholische Kirche hat der Säkularisierung, auch im naturwissenschaftlichen Bereich, bekanntlich großen Widerstand entgegengebracht. Heute ist Religion gegen alle Widerstände in Europa weitgehend ein gesellschaftlicher Teilbereich geworden und bedeutet nur teilweise den Motivationshintergrund für die jeweiligen Aktivitäten.
Während das hier skizzierte Verständnis von Säkularisierung neutral ist im Sinn eines kulturdiagnostischen Schlüsselbegriffs, wird der anhaltende historische Prozess der Säkularisierung von traditionellen kirchlichen Kreisen als Verfallserscheinung gewertet. Man sieht nur – in Reaktion auf die Kirchen- und Religionskritik – den Abfall von der gottgegebenen Ordnung und spricht abwertend von Säkularismus. Eine solche Diesseitskultur wird gern mit einem Verfall von Sittlichkeit gleichgesetzt. Geschichtsblind hat man sogar die großen politischen Katastrophen des 20. Jh. der metaphysischen Entwurzelung angelastet, obwohl Nationalsozialismus und Kommunismus „politische Religionen“ sind. Demgegenüber wurde und wird Säkularisierung auch als Fortschrittskategorie verstanden. Dass Säkularisierung zumindest in Deutschland und vergleichbaren Ländern ein irreversibler Prozess ist, wird insbesondere angesichts der vielfältigen Erscheinungen immer neuer Religiosität unter dem Stichwort der Wiederkehr der Religion o.ä. bestritten. Die Tatsachen (Glaubensverluste, Mitgliederverluste) sprechen für Irreversibilität unter der Voraussetzung von Frieden und freiheitlicher Demokratie.
Damit ist der Sonderaspekt der Selbstsäkularisierung der christlichen Religion angesprochen. Die Heils- und Gnadenanstalt Kirche erodiert zu einer karitativen und rituellen Dienstleistungsorganisation, letzteres für die „Schwachstellen“ des Lebens, hat etwa der Kirchensoziologe Michael Ebertz erklärt. Die Geistlichkeit flüchtet sich in Ethik, Sozialarbeit und Pastoralpsychologie. Dazu schrieb der katholische Verfassungsrechtler Josef Isensee schon 1991: „Obwohl die Kirchen bisher nahezu unangefochten ihre Stellung in der Öffentlichkeit bewahrt haben, beschränken sie sich zunehmend darauf, konsensfähige Botschaften, Appelle zu sozialer Gerechtigkeit, Entwicklungshilfe, Umweltschutz, zu erheben, indes ihr religiöses Wirken sich außerhalb der Öffentlichkeit vollzieht, Öffentlichkeit geradezu scheut, wie wenn sich Religion zu genieren hätte.“ Er schrieb weiter: „Das Kirchenvolk schrumpft von innen her.“ Wenn man gesellschaftliche Erscheinungen der christlichen Welt in weltlicher, nichtreligiöser Form fortleben sieht, spricht man von Säkularisat. So wird in der säkularen Begründung der Menschenrechte vielfach ein säkularisiertes, aber originär christliches Denken gesehen. Dabei werden aber Ursache und Wirkung verwechselt. Säkularisation liegt auf einer ganz anderen Ebene. Gemeint ist nach richtigem Begriffsverständnis der Einzelvorgang der Umwandlung (Enteignung) kirchlichen Vermögens in Vermögen weltlicher Herrschaft. Zur Reformationszeit gab es zahlreiche Säkularisationen. Meist gemeint ist speziell die große Säkularisation von 1803 in Deutschland anlässlich der Auflösung des alten Deutschen Reichs durch den sog. Reichsdeputationshauptschluss (RDHS). Das Wort „säkularisiert“ umfasst übrigens beide Bedeutungen: das Ergebnis des Säkularisierungsprozesses wie die Enteignung religiösen Vermögens.
Die umfassende deutsche Säkularisation von 1803 muss noch heute als fragwürdige historische Legitimation für Staatsleistungen an die großen Kirchen herhalten. Nachdem Kaiser und Reich 2001 das linke Rheinufer an Frankreich hatten abgeben müssen, wurden die Fürsten 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss entschädigt. Hauptsächlich wurden durch diese Verfassungsrevolution nahezu alle reichsunmittelbaren geistlichen Fürstentümer aufgehoben. Betroffen waren drei Kurfürstentümer, 19 Reichsbistümer und 44 Reichsabteien sowie 41 Reichsstädte. Ca. 10.000 km² geistlicher Herrschaften gingen als Annexion an weltliche Landesherren. Hinzu kam die Vermögens-Säkularisation als Sonderform staatlicher Enteignung, von der ca. 300 Abteien, Stifte und Klöster betroffen waren. Hauptnutznießer der S. waren Preußen, Baden, Württemberg und Bayern (fränkische und schwäbische Gebiete). Nach Abschluss aller Maßnahmen war die Zahl der ehemals über 1000 reichsunmittelbaren Territorien auf etwas über 30 Territorien reduziert. Der Untergang des „Römischen Reiches deutscher Nation“ 1806 war eine notwendige Folge des RDHS. Das hatte eine Entfeudalisierung des hohen Klerus zur Folge und war eine Basis für die innere Regeneration des deutschen Katholizismus. Umfangreiches Kirchengut wurde den Kirchen in späterer Zeit in Kombination mit staatlicher Förderung zurückgegeben Das örtliche Pfarrkirchenvermögen war den Kirchen ohnehin durch den RDHS garantiert.

3 Laizismus und Laizität

Laizismus, ein Gegenbegriff zum Klerikalismus, zielt auf weitmögliche Abdrängung der religiösen Sphäre ins Private. „Laizismus“ leitet sich aus dem französischen „laicisme“ ab und bedeutet die Trennung des gesamten öffentlichen Lebens (Staat, Gesellschaft, Recht, Kultur) von Kirche und Religion. Die laizistische Bewegung trat in den meisten katholischen Ländern auf und führte in Frankreich zum (abgesehen von den drei östlichen Departements) ziemlich konsequenten Trennungsgesetz von 1905. Das geschah nicht ohne Grund (Vorgeschichte: Syllabus errorum Pius’ IX., 1864; Unfehlbarkeitsdogma und Jurisdiktionsprimat, 1870; entwürdigendes römische Judenghetto als letztes in Europa, ebenfalls bis 1870; Dreyfus-Affäre). Der ideologische Charakter der laizistischen Gesetze wurde in Frankreich allmählich abgemildert. Man sprach nicht mehr von „laicisme“, sondern von „laicité“, der Laizität des Staats. Der Staat enthält sich der religiös-weltanschaulichen Fragen, wahrt dabei aber, ggf. wohlwollende, Unparteilichkeit gegenüber allen religiös-weltanschaulichen Richtungen. Eine so verstandene a-konfessionelle, aber nicht kirchenfeindliche Laizität unterscheidet sich nicht wesentlich von der (theoretischen) religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staats in Deutschland, wenngleich die Akzente in Deutschland und Frankreich nach wie vor unterschiedlich sind.
Vor allem dem Wort „Laizismus“, von dem das moderatere „Laizität“ abgeleitet ist, haftet in Deutschland ein besonderer Geruch der Kirchenfeindlichkeit an. „Laizismus“ wirkt auf Konservative als Schreckgespenst und wird von ihnen als Schimpfwort benutzt. Es bedeutet, wie ausgeführt, in etwa auch rechtliche Zurückdrängung der Religion aus Staat und Gesellschaft. Diskussionsgegner, deren Sachargumente nicht gefallen, sollen von vorneherein mit diesem Kampfwort diskreditiert werden. Befürworter einer lediglich ernst genommenen religiös-weltanschaulichen Neutralität müssen damit rechnen, dass ihre konkreten Positionen als „laizistisch“ denunziert werden. Das gilt insbesondere auch dann, wenn diese Ansichten gut begründet sind. Dabei weiß jeder halbwegs Informierte, dass das GG gerade nicht laizistisch ist. Insbesondere geht auch der Vorwurf fehl, die Thesen des – seinerzeit von Kirchenleuten überaus gehässig angefeindeten — FDP-Kirchenpapiers von 1974 seien laizistisch. Der Jurist Erwin Fischer, der als konsequenter Verfechter der Trennung von Staat und Kirche bekannt war, hat Laizität vertreten, nicht Laizismus. Er war „laikal“. Mit dieser Verteidigung wurde er aber nicht gehört.
Die 2010 auf Bundesebene gegründete Arbeitsgemeinschaft „Laizistinnen und Laizisten in der SPD“ hat leider zunächst den Begriff Laizismus gewählt, obwohl sie die Kirchen nicht aus der Gesellschaft verdrängen will, sondern nur auf Neutralität und Abbau unberechtigter Privilegien zielt. Im Herbst 2016 hat sich die Arbeitsgemeinschaft daher in “Säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten” umbenannt. Sie vertritt nach wie vor Positionen der Laizität, wie vergleichbare Vereinigungen anderer politischer Parteien auch. Abschließend kann man empfehlen, konkrete Begründungen zu verlangen, wenn der Laizismus-Vorwurf erhoben wird, und die Positionen kritisch zu vergleichen. Die Begriffe sollten überlegt verwendet und die Ausdrücke „laizistisch“ oder „Laizismus“ vermieden werden, wenn sie (wie meist) sachlich gar nicht zutreffen.

Gerhard Czermak, 4.10.2016  
Hinweis der Redaktion: Der in geringfügig anderer Form am 7. 10. 2016 im Humanistischen Pressedienst (hpd) veröffentlichte Text basiert auf mehreren Artikeln des vom Autor verfassten Lexikons Religion und Weltanschauung in Gesellschaft und Recht, 2009 (amazon Review). Der Autor ist auch Verfasser von Weltanschauung in Grundgesetz und Verfassungswirklichkeit, 2016 (zum Artikel im hpd) (jeweils Alibri) sowie des religionskritischen Bandes Problemfall Religion, Tectum 2014 (zum Tectum Verlag) .

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Ein Leben

Ein Leben

Von Lukas Meschik

Eine Geschichte über das Finden und Loslassen – In einer belebten Einkaufspassage findet sich etwas Ungewöhnliches: ein verlassenes, schmutziges Leben. Zögernd nimmt es jemand mit nach Hause und beginnt, es zu pflegen, zu wärmen und aufzubauen. Was als zufällige Begegnung beginnt, verwandelt sich in eine tiefe Verbindung.

Ein Leben

Jemand findet ein Leben auf der Straße, dreckig und feucht. Jemand traut sich erst nicht, das Leben anzufassen, so schmutzig liegt es da in der Einkaufspassage. Seltsam, dass es bisher noch niemandem aufgefallen ist. Wurde es achtlos entsorgt? Hat es wer verloren? Jemand überlegt nicht lange und hebt das Leben auf, es liegt sehr leicht in der Hand, gefährlich leicht. Mit so wenig Eigengewicht wird es nicht lange Bestand haben, denkt jemand.

Zurück in der Wohnung legt jemand das Leben auf den Küchentisch. Fremd und glänzend liegt es da. Ein letzter Schimmer geht noch von ihm aus. Jemand befeuchtet einen Lappen und wischt es ab. Das Leben vom Schmutz zu befreien, leuchtet als erste Maßnahme ein. Als das Gröbste entfernt ist, reißt jemand ein paar Blätter Küchenrolle ab und wischt es trocken. Ein Geruch steigt vom Leben auf, der weder angenehm noch unangenehm ist, auch mit Sauberkeit hat es nichts zu tun. Wenn es jemand nicht besser wüsste, dann würde er glauben, das Leben riecht nach Dankbarkeit.

Jemand behält das Leben bei sich. Vom Küchentisch übersiedelt es bald ins Wohnzimmer. Die Nächte verbringt es im Schlafzimmer, bei jemandem im Bett. Er hält es warm. Langsam kriecht Wärme ins Leben zurück. Es hebt und senkt sich, als würde es atmen. Kann sein, dass es schnurrt. Jemand weiß nicht weiter, folgt einfach seiner Intuition. Jemand ist ratlos, aber voller Elan.

Niemand scheint das Leben zu vermissen. Jedenfalls kann jemand nirgendwo entsprechende Plakate oder Wurfzettel entdecken. Selbst in der Passage, dem Fundort des Lebens, gibt es keinerlei Hinweise auf eine Suchaktion. Wer immer im Besitz des Lebens war, scheint es jetzt nicht zu vermissen.

Ein Rhythmus stellt sich ein. Jemand versorgt das Leben mit dem Nötigsten, päppelt es sorgsam auf. Der Prozess darf nicht überhastet werden, andernfalls würde sich das Leben am Wiedererstarken verausgaben. Alles hat in kleinen, gewissenhaften Schritten zu geschehen. Jemand teilt mit dem Leben alles, was er hat; bringt ihm von draußen nicht nur Einkäufe, sondern auch Erzählenswertes mit. Die Geschichten scheinen dem Leben besonders zu schmecken. Manchmal gibt es unartikulierte Laute von sich, die ein Wohlgefallen ausdrücken.

Dem Leben geht es besser und besser. Es hat Farbe bekommen, auch seine klare Form zurückerlangt. Es beteiligt sich am Alltag, sofern dazu die Möglichkeit besteht. Das Leben hat an Gewicht zugelegt, wirkt in jeder Hinsicht gesund. Jemand hat sich gewöhnt an dieses Leben, kann sich gar nicht mehr daran erinnern, wie es vorher war. Es scheint, als wären die beiden immer schon für einander gedacht gewesen. Mittlerweile kann sich jemand eingestehen, dass alles hohl und witzlos war, bis er das Leben gefunden und mit nach Hause genommen hat. Jemand hat jetzt eine Ahnung, wie man Glück beschreibt.

Eines Tages ist das Leben verschwunden. Jemand kam gerade von draußen zurück, im Gepäck ein paar Geschenke aus der Welt. Doch anstatt von einem wach pulsierenden Leben empfangen zu werden, gab es nur Leere und Stille. Jemand stellt nüchtern die Einkaufstasche ab und macht sich auf den Schrecken einen Tee. So musste es sein. Sobald das Leben wieder zu Kräften gekommen war, würde es hinaus und dorthin zurückkehren, wo es hingehörte. Jemand freut sich für das Leben. Jemand ist richtig gespannt, wie sein weiterer Weg aussehen könnte. Bleibt nur zu hoffen, dass es sich nicht eines Tages abermals so verdreckt auf der Straße wiederfinden würde. Nicht sicher, dass sich jemand ein weiteres Mal seiner annahm. Da jemandem nichts anderes übrigbleibt, hofft er das Beste. Jemand denkt an die gemeinsam verbrachte Zeit und lächelt. Diese Geschichte – wenigstens diese – würde gut ausgehen. Das Leben hat es verdient.

Letzte Änderung: 20.01.2025  |  Erstellt am: 20.01.2025

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Tagestipp1

Wenn du sprichst, wenn du schweigst

Quelle: www.perlentaucher.de
Essay von Naila Chikhi

10.01.2025. Einen Trost hat Boualem Sansal: Er ist nicht allein. Seit Beginn des Hirak im Jahr 2019 haben die Festnahmen wegen Meinungsdelikten in Algerien stetig zugenommen. Bis heute werden mehr als 200 AktivistInnen, JournalistInnen, StudentInnen oder BloggerInnen der Anstiftung zur Gewalt, der Störung der öffentlichen Ordnung und/oder der Gefährdung der nationalen Einheit beschuldigt. Sansals Ansichten sind kühn, und seine Kritik am Islamismus ist kompromisslos. Westliche Linke, die ihn kritisieren, verkennen, dass der Islamismus für jede Laizistin und jeden Laizisten muslimischer Tradition  eine reale Gefahr ist.

Vorbemerkung: Dieser Text entstand vor der Ankündigung einer präsidialen Begnadigung für Ende 2024, die über 2.700 Verurteilte und 8 inhaftierte Personen betrifft.

2020 flog ich nach Algier, um am ersten Jahrestag des Hirak teilzunehmen, einer landesweiten Protestbewegung der algerischen Bevölkerung. Drei Wochen lang demonstrierte ich friedlich mit dem Volk gegen das Regime, das Algerien in einem politischen System gefangen hielt, das die Versprechen von Freiheit und Würde der Unabhängigkeit von 1962 verriet. Der friedliche Aufstand verhinderte Abd al-Aziz Bouteflikas Kandidatur für eine fünfte Amtszeit.

Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Bouteflika das „Gesetz zur Zivilen Eintracht“ (1) erlassen hatte, das islamistische Terroristen amnestierte, die im „Schwarzen Jahrzehnt“ (1991-2001) gehütet hatten.  Das Schwarze Jahrzehnt hat über 200.000 Menschenleben gefordert.

Wo steht heute der Hirak, der als „Revolution des Lächelns“ bezeichnet wird?

Algerien: Wiege der RevolutionärInnen

Von Koceila über Lalla Fadhma N’soumer und Mohammed Boudiaf bis hin zu Tahar Djaout und M’hamed Boukhobzaii war Algerien die Wiege von RevolutionärInnen und KämpferInnen für die Freiheit und die Unabhängigkeit des Landes, aber auch eine Nation mit DenkerInnen und Intellektuellen, die Nationen über die Grenzen des Landes hinaus prägten.

Algerien galt als Vorbild, ehe das „Schwarze Jahrzehnt“ diesem Ansehen schadete.

Heute gehört der Schriftsteller Boualem Sansal zu denjenigen, die den intellektuellen Widerstand verkörpern, den Widerstand der Ideen und nicht den der Waffen. Am 16. November 2024 wurde Sansal bei seiner Ankunft in Algier aufgrund kritischer Äußerungen in den Medien zur algerischen Innen- und Außenpolitik – eine unüberschreitbare rote Linie für die algerische Regierung – festgenommen. Diese Verhaftung wirft eine entscheidende Frage auf: die der Meinungsfreiheit. Betonen wir auch, dass der Autor den Autoritarismus anprangert, die Freiheit des Denkens verteidigt und sich vehement dem Islamismus widersetzt, einer extremen politischen Ideologie, die Algerien und viele andere Länder in der sogenannten arabisch-muslimischen Welt ruiniert hat.

Nach seiner Festnahme wurde am 16. Dezember 2024 eine Solidaritätsveranstaltung im Théâtre Libre in Paris organisiert. Da ich mich für die Meinungsfreiheit einsetze, für die so viele algerische JournalistInnen und Intellektuelle mit ihrem Leben bezahlt haben, sah ich es als meine Pflicht an, diese Sache zu unterstützen, die meine Kindheit und Jugend geprägt haben.

An diesem Solidaritätsabend waren zahlreiche prominente und weniger prominente Personen anwesend. Arnaud Benedetti (Gründer des internationalen Unterstützungskomitees für Boualem Sansal), Kamel Daoud (algerischer Journalist und Autor, Prix Goncourt 2024), Antoine Gallimard (französischer Verleger von Sansal), Vincent von Wroblewsky (deutscher Übersetzer von Sansal) und der französische Anwalt von Sansal, Maître François Zimeray. Vor einem vollbesetzten Saal wurden Reden für die Freilassung des 80-jährigen Schriftstellers gehalten. Zu meiner großen Überraschung sah ich nur wenige AlgerierInnen.

Wo waren all jene, die in den neunziger Jahren für die Freiheit des Wortes, des Seins und des Handels eintraten und den Islamismus bekämpften, so wie es Sansal bis heute tut? Sie sind doch zahlreich und froh, in Frankreich Zuflucht vor dem islamistischen Terrorismus gefunden zu haben?

Die Abwesenheit einiger AlgerierInnen löste bei mir Bedenken aus: War es aus Desinteresse an Sansals Fall – die x-te Verhaftung einer dissidentischen Stimme? Aus Angst, sich frei zu äußern? Oder aus Angst vor Repressalien? Dabei hinterließ uns Tahar Djaout, der erste ermordete algerische Journalist, der am 26. Mai 1993 von der GIAi angegriffen wurde und infolgedessen am 2. Juni desselben Jahres starb, folgende Maxime: „Wenn Du sprichst, stirbst Du, wenn Du schweigst, stirbst Du, also sprich und stirb„.

Seit Beginn des Hirak im Jahr 2019 haben die Festnahmen wegen Meinungsdelikten in Algerien stetig zugenommen. Bis heute werden mehr als 200 AktivistInnen, JournalistInnen, StudentInnen oder BloggerInnen der Anstiftung zur Gewalt, der Störung der öffentlichen Ordnung und/oder der Gefährdung der nationalen Einheit beschuldigt. Unter diesen Fällen sind Amira Bouraoui, eine Menschenrechtsaktivistin, die wiederholt wegen ihrer Äußerungen gegen die algerische Regierung inhaftiert wurde, der Kabyle-Tanzlehrer Omar Aït Yahia, dem die Zugehörigkeit zur MAK (Bewegung für die Selbstbestimmung der Kabylei) vorgeworfen wird, oder auch Djamila Bentouis (60 Jahre alt), eine Dichterin, die wegen ihrer während des Hirak verbreiteten und die staatliche Repression kritisierenden Texte verurteilt wurde. Die Anwälte der Meinungsgefangenen weisen darauf hin, dass diese Ingewahrsamnahmen darauf abzielen, jede Kritik an der Regierung zu unterdrücken, und prangern das Ausmaß der Repression an.

Soll man glauben, dass die Machthaber Begriffe neu definieren: Kritik versus Verunglimpfung? Soll man glauben, dass dieses Land, das in der algerischen Staatspresse als so mächtig beschrieben wird, sich von Äußerungen bedroht fühlt, seien sie auch noch so missliebig? Ist Algerien etwa zu einem Koloss auf tönernen Füßen geworden?

Der Hirak hat gezeigt, dass die algerische Bevölkerung fähig ist, sich friedlich gegen ein seit Jahrzehnten bestehendes System zu erheben und nach tiefgreifendem Wandel zu streben. Er hat die Hoffnung auf ein „freies und demokratisches Algerien“ (2) neu entfacht. Doch Algerien, einst Symbol revolutionärer Kämpfe, scheint zu einem Land geworden zu sein, in dem jede Hoffnung auf freie Meinungsäußerung auf systemische Repression stößt. Wie rechtfertigen die algerischen Machthaber, die sich selbst als Erben der Revolution von 1954 bezeichnen, die Festnahme eines 80-jährigen Schriftstellers, Boualem Sansal, der Korruption anprangert und die Werte der Freiheit verteidigt? Wie erklären sie die zahlreichen Verhaftungen junger AlgerierInnen, die von Freiheit, individuellen Rechten und Entfaltung in einem algerischen Rechtsstaat träumen? Sansal sowie alle Meinungsgefangenen scheinen sich jedoch nach denselben Idealen zu sehnen, denen die algerische Staatsführung angeblich anhängt: eine Rückkehr zu den Werten, die die Größe des modernen Algeriens begründeten.

Sansals Fall scheint eine andere, eine symbolische Bedeutung zu haben. Ist die Festnahme dieses international anerkannten Autors Ausdruck einer Aufforderung zum Schweigen, einer Warnung an die gesamte algerische Bevölkerung?

Die Heuchelei der postmodernen europäischen Linken

Sansals Ansichten sind kühn, und seine Kritik am Islamismus ist kompromisslos. Man kann seinen Ansichten zustimmen oder nicht, das ist das demokratische Spiel. Dennoch interpretieren einige EuropäerInnen aus dem linken Spektrum seine Stellungnahmen als islamophob und beschuldigen ihn, der extremen Rechten in die Hände zu spielen. Doch dieselben Personen sind schnell dabei, sich aufzuregen, sobald es um andere Religionen geht. Ist diese Haltung durch politische Überzeugungen oder durch gefährliches Wahlkampfkalkül motiviert?

Für jede Laizistin und jeden Laizisten muslimischer Tradition ist der Islamismus eine reale Gefahr. Wir kennen ihn, wir haben ihn erlebt. Er hat unsere individuellen Freiheiten erstickt, unser Zusammenleben zerstört und unsere Hoffnung zunichte gemacht, dass unsere Länder sich weiterhin zu Wohlstand und Demokratie entwickeln. Der Islamismus hat unsere Länder in eine Hölle der Intoleranz verwandelt, die von Hass geprägt ist. Dennoch haben diese Völker in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Respekt und Akzeptanz gegenüber Andersdenkenden haben.

Es ist befremdlich festzustellen, dass diese Anschuldigungen oft von Personen kommen, die, während sie in demokratischen und laizistischen oder säkularen Ländern wie Frankreich oder Deutschland leben, eine unbestreitbare Wahrheit leugnen: Unsere Ablehnung des Islamismus datiert nicht erst seit unserem Exil in Europa – und es sei daran erinnert, dass Sansal Algerien niemals verlassen hat. Unser Kampf begann in unseren Herkunftsländern, wo wir die Gewalt der islamistischen Ideologie erlitten haben. Und verdrängt diese „postmoderne Linke“, dass die islamistischen Bewegungen in unseren Ländern in der Regel am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums verortet sind?

In Algerien sagt man: „Nur wer schon einmal auf ihr geschritten ist, kann die Verbrennung durch die Glut spüren.“

Als ich 1995 nach Europa kam, war ich äußerst begeistert von diesem Raum, der der öffentlichen Debatte gewidmet war und in dem jede Stimme das Recht hatte, sich zu äußern. Heute sehe ich mit Bitterkeit, wie diese Linke, die einst antikoloniale Werte vertrat, heute in eine nicht eingestandene postkoloniale Haltung abdriftet. Derart fixiert auf die blinde Unterstützung jener Gruppe, die sich als „diskriminiert“ bezeichnet, scheint die „postmoderne Linke“ unfähig zu sein, den hegemonialen und gewalttätigen Charakter des politischen Islam zu erkennen. Während wir, laizistische Zugewanderte und Geflüchtete aus den sogenannten muslimischen Ländern, als Rechtsextreme diffamiert werden, weil wir uns weigern, uns ihrem dominanten Diskurs anzuschließen, der zunehmend von der Rhetorik des religiösen Fanatismus geprägt ist.

Seit der iranischen Revolution, der Fatwa gegen Salman Rushdie, dem Schwarzen Jahrzehnt in Algerien oder dem Mordversuch an Naguib Mahfouz wissen wir, dass die Kritik am Islamismus einen außergewöhnlichen Mut erfordert. Diese Ideologie anzuprangern, bringt uns bestenfalls das Exil, schlimmstenfalls den Tod. Wäre die Verharmlosung dieser realen Bedrohung und des extremen Hasses, der sie antreibt, eine Form von Feigheit oder gar ein Bekenntnis zu dieser todbringenden Ideologie? Erinnern wir uns daran, dass Nawel Al Saadawi, Salman Rushdie, Boualem Sansal und Masih Alinejad den Mut haben, die Gefahren dieser Fehlentwicklung anzuprangern, über die viele Menschen nicht einmal nachdenken wollen.(3)

Wer heute mit „Ja, aber …“ argumentiert, vergisst die fundamentale Bedeutung des Begriffs Freiheit. Dieser Teil der „postmodernen Linken“ begeht durch sein übermäßiges Wohlwollen einen fatalen Fehler: Religiöse Identitäre um jeden Preis schützen und dadurch die Ungerechtigkeiten dieses autoritären und religiösen Systems zu bagatellisieren. Die Verteidigung derjenigen aufzugeben, die gegen ein System kämpfen, das das Wort, die Schrift und das Denken erstickt, bedeutet, selbst Gefahr zu laufen, zum Opfer zu werden. Wie Kamel Daoud in Paris es hervorgehoben hat: „Ein freier Schriftsteller ist ein freies Volk.“

Aufruf zur universellen Solidarität

Ich habe mich nicht für das Exil entschieden. Welche 15-jährige Jugendliche entscheidet sich dafür, ihre Familie, ihre Freunde und ihr Land zu verlassen? Es waren die Islamisten, die mich ins Exil gezwungen haben. Als Erwachsene entschied ich mich, in Europa zu bleiben, weil es mir dort einen Raum für die Entfaltung meiner Persönlichkeit bot, der in Algerien fehlte. Hier entdeckte ich die verlorene Freiheit und vor allem die Gleichberechtigung von Frau und Mann.

Diese Freiheit muss für jeden/e Bürger/in gelten, unabhängig von Herkunft, Kultur, Religion oder Weltanschauung und darf keine Ausnahme sein. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein unveräußerliches Recht, solange diese Meinungen nicht zu Hass, Gewalt oder gar Verbrechen aufrufen.

Repression kennt keine Grenzen. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dafür zu sorgen, dass unsere Errungenschaften, die Europa zu sicheren Häfen für Menschen auf der Flucht vor unterdrückerischen Regimen gemacht haben, gewahrt bleiben.

Unsere äußerste Wachsamkeit muss dazu beitragen, den iranischen, afghanischen, syrischen, jezidischen, kurdischen und allen anderen Frauen beizustehen, die täglich für ihr Existenzrecht, für ein Leben in Würde und Freiheit kämpfen. Diese Frauen sind die Heldinnen eines Kampfes, den wir weder ignorieren noch vergessen dürfen, sondern bedingungslos unterstützen müssen. Diese Frauen erinnern uns bis in unsere europäischen, westlichen Gesellschaften daran, dass Freiheit niemals gesichert ist. Der „postmoderne Linke“ zum Trotz sind die Menschenrechte weder westlich noch östlich und schon gar nicht rechts oder links, sie sind universell. Das ist internationale Solidarität.

Wenn wir vor repressiven Regimen und Extremisten kapitulieren, machen wir uns mitschuldig an ihren Verbrechen, an ihren Femiziden, am Aushöhlen der Gleichberechtigung und der Menschenwürde. Heute sind wir mehr denn je aufgefordert, vereint dem Obskurantismus entgegenzutreten, damit die Aufklärung weiterhin unseren Geist leitet.

Naïla Chikhi

Nota Bene: In den letzten Tagen sind die Bedrohungen, denen algerische Oppositionelle sowohl in Algerien als auch in Frankreich ausgesetzt sind, nicht mehr zu ignorieren. Gegen sie wird zur Zeit eine massive Einschüchterungskampagne inszeniert. Influencer auf TikTok rufen ihre Community dazu auf, Oppositionelle zu jagen und drohen ihnen sogar mit dem Tod. Die französische Polizei hat bereits drei dieser Influencer festgenommen. Ein in Paris lebender Dolmetscher machte diese Informationen bekannt. Er entdeckte die Videos auf TikTok und konnte die Behörden benachrichtigen, da er den algerischen Dialekt versteht, den diese Influencer, von denen einige Zehntausende Abonnenten haben, benutzten. Ist diese Einschüchterungskampagne eine Fortsetzung der Repressionen, die die algerischen Behörden gegen alle dissidenten Stimmen, wie zum Beispiel Boualem Sansal, anwenden? Würden sich diese kriminellen Influencer durch die Charta für Frieden und nationale Versöhnung geschützt fühlen?

Fußnoten:

(1) Das Gesetz über die Zivile Eintracht, das 1999 von Präsident A. Bouteflika initiiert wurde, um dem Schwarzen Jahrzehnt (1991-2001) ein Ende zu setzen, stieß auf heftige Kritik, da es Mitglieder islamistischer bewaffneter Gruppen amnestierte und damit de facto Straffreiheit für die begangenen Verbrechen gewährte und die Rechte der Opfer vernachlässigte.

(2) Koceila, (7. Jh.), Amazigh- Anführer der Konföderation der Aures (Gebirge im Nordosten), führte einen bedeutenden Widerstand gegen die Ausweitung der Herrschaft des Umayyaden-Kalifats in Nordafrika an.
• Tahar Djaout (1954-1993), algerischer Schriftsteller, Dichter und Journalist, der während des Schwarzen Jahrzehnts wegen seiner Ideen ermordet wurde. Er gilt als Symbol für den Widerstand gegen den religiösen Fundamentalismus.
• Mohamed Boukhobza (1945-1993), Soziologe, dessen Arbeiten sich mit den sozialen und kulturellen Veränderungen in Algerien befassten, insbesondere mit Identitätsfragen und Jugendfragen, wurde wegen seiner kritischen Analysen des soziopolitischen Kontexts in Algerien während des Schwarzen Jahrzehnts ermordet.
• Lalla Fadhma N’Soumer (1830-1863) war eine Figur des kabylischen Widerstands gegen die französische Eroberung Algeriens. Sie zeichnete sich durch ihre Rolle in den Kämpfen der 1850er Jahre gegen die Truppen von Marschall Randon aus. Für weitere Informationen siehe “ Die ewig Vergessenen. Algerische Frauen gegen Kolonialismus, Islamismus und patriarchale Bevormundung “ de Naïla Chikhi https://addf-kassel.de/fileadmin/user_upload/Ariadne_80-2024_Editorial_und_Inhaltsverzeichnis.pdf

• Mohamed Boudiaf (1919-1992), Gründungsmitglied der FLN (Front de Libération National, Nationale Befreiungsfront) und Symbolfigur des algerischen Unabhängigkeitskriegs, wurde im Januar 1992 vor dem Hintergrund einer tiefen politischen Krise aus dem Exil zurückgerufen, um den Vorsitz des Hohen Staatskomitees zu übernehmen. Seine Ermordung am 29. Juni 1992 markierte eine Eskalation der politischen Gewalt in Algerien.

(3) GIA (Groupe Islamique Armé), Bewaffnete Islamische Gruppe.

(4) (Djazaïr hourra dimouqratiya), ein freies und demokratisches Algerien, ist ein Slogan, der die Protestperioden in Algerien durchzogen hat, insbesondere während des Aufstand von Oktober 1988, während des Schwarzen Jahrzehnts (1991-2001) und dann wieder während des Hirak (ab 2019), was ein konstantes Streben nach Demokratie bezeugt.

(5) Nawal El Saadawi (1931-2021), ägyptische Psychiatrieärztin, Schriftstellerin und Feministin, war für ihr Engagement gegen die Unterdrückung der Frau in der arabischen und muslimischen Gesellschaft bekannt. Sie war zahlreichen Verfolgungen ausgesetzt, darunter Todesdrohungen, Verfahren wegen Apostasie, Inhaftierung und Exil.

Tagestipp

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Mein Kopf gehört mir

Mein Kopf gehört mir

„Du bist nicht deine Gruppe – und deine Gruppe repräsentiert nicht die Menschheit!“ Dies ist eine der Kernaussagen des Schwerpunktthemas „Mein Kopf gehört mir!“, mit dem die Giordano-Bruno-Stiftung den „Identitätspolitiken“ unserer Zeit entgegentreten will. Der Stiftung geht es dabei nicht zuletzt um die Verteidigung der offenen Gesellschaft, die von identitären Kräften zunehmend unter Druck gesetzt wird.

Die offene Gesellschaft orientiert sich am Individuum – nicht an der Gruppe. Die einzelne Person hat eine unantastbare Würde, sie steht im Mittelpunkt der Grund- und Menschenrechte, nicht die Familie, die Ethnie oder die Religionsgemeinschaft. Es ist kein Zufall, dass die Feinde der offenen Gesellschaft exakt den umgekehrten Weg gehen, also das Kollektiv an die erste Stelle setzen und von ihm aus das Individuum bestimmen. So sehr sich christliche Abendlandretter, Nationalisten oder Islamisten in ihren Ansichten auch unterscheiden, in diesem Punkt zeigt sich eine große Gemeinsamkeit: Sie alle legen die Individuen auf vermeintlich stabile Gruppenidentitäten fest und verteidigen ihr angestammtes kulturelles Getto reflexartig gegen das vermeintlich Feindliche des „Fremden“, was immer wieder zu Akten „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ führt.

Eine besonders wichtige Form dieses Gruppendenkens ist der sogenannte „Familismus“, der die Familie – und nicht das Individuum – als Basiseinheit der Gesellschaft begreift. Besonders in streng muslimischen Familien ist diese familistische Beschränkung der individuellen Freiheit stark ausgeprägt, worunter vor allem Mädchen und junge Frauen zu leiden haben. Gegen diese Freiheitsbeschränkungen gibt es bislang kaum vernünftige Gegenmaßnahmen, was wohl auch daran liegt, dass viele Politikerinnen und Politiker die Ideologie des Familismus selbst noch nicht überwunden haben.

Staatlich geförderte Echokammern

Genau an diesem Punkt setzt das gbs-Schwerpunktthema „Mein Kopf gehört mir!“ an. Es verdeutlicht, „dass es katholische, protestantische, sunnitische oder schiitische Kinder ebenso wenig gibt wie christlich-soziale, liberale, sozialdemokratische oder grüne Kinder – tatsächlich gibt es bloß Kinder, deren Eltern bestimmte Partei- oder Weltanschauungspräferenzen aufweisen,“ führt gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon aus. „Zwar dürfen Eltern ihre Kinder im Sinne ihrer jeweiligen Präferenzen erziehen, aber das heißt keineswegs, dass der weltanschaulich neutrale Staat eine solche Perspektivverengung aktiv unterstützen darf. Im Gegenteil, denn Kinder haben ein Recht darauf, möglichst vorurteilsfrei in die Welt eingeführt zu werden. Sie haben ein Recht darauf, die Tatsachen des Lebens zu erfahren und verschiedene Perspektiven kennenzulernen, mit deren Hilfe sie später ihre eigene Sicht der Dinge entwickeln können, ohne von Vornherein ideologisch in eine bestimmte Richtung gedrängt zu werden.“

Dabei ist es, wie Schmidt-Salomon betont, „die wohl vornehmste Bildungsaufgabe des Staates, allen Kindern, gleich aus welcher Familie sie stammen, im Namen der Chancengleichheit Zugang zu Wissensquellen zu verschaffen, die ihnen in ihrem Elternhaus womöglich verschlossen bleiben.“ Leider aber versage das deutsche Bildungssystem auf diesem Gebiet auf tragische Weise, was sich insbesondere im Fall des Religionsunterrichts zeige: „Beim konfessionellen Religionsunterricht handelt es sich um eine ›staatlich geförderte Echokammer‹, die Gruppenidentitäten und -konflikte verstärkt, statt ihnen entgegenzuwirken. Einen schärferen Gegensatz zur guten, alten Maxime der Allgemeinbildung, ›alle alles auf umfassende Weise zu lehren‹, kann man sich kaum vorstellen.“

Teil des gbs-Schwerpunktthemas ist daher eine Kampagne zur Einführung eines verpflichtenden Philosophie- und Ethikunterrichts für alle Schülerinnen und Schüler. Der Standpunkt der Stiftung ist dabei klar, wie die stellvertretende gbs-Vorsitzende Ulla Wessels ausführt: „Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Herkunft sollten gemeinsam kritisches Denken üben und über grundlegende Werte des Zusammenlebens, über kleine und große Fragen der Menschheit und über wichtige Mechanismen zur Lösung von Konflikten nachsinnen. Es gilt auf diese Weise das Miteinander und den demokratischen Habitus zu stärken: schon in der Schule und mit Wirkung weit darüber hinaus.“

Das große Paradoxon unserer Zeit

Die Einführung eines für alle Schüler*innen verpflichtenden Philosophie- und Ethikunterrichts ist für die Stiftung allerdings nur ein notwendiger, keineswegs ein hinreichender Schritt, um die Individuen aus den „Zwängen der Kollektive“ zu befreien. Vonnöten sei eine „echte Bildungsoffensive, die zu einer Entprovinzialisierung der oft hoffnungslos begrenzten Weltbilder führt, welche viele Menschen von Kindesbeinen an in sich aufgenommen haben“, meint Michael Schmidt-Salomon. Für ihn zeigt sich an diesem Punkt auch das „große Paradoxon unserer Zeit“, das dringend aufgelöst werden müsste:

„Noch nie haben Menschen so viel über die Evolution der Materie, des Lebens und des Bewusstseins gewusst – zugleich hat es jedoch noch nie so viele Menschen gegeben, die nicht einmal ansatzweise wissen, was wir bereits wissen. Mit dem James-Webb-Weltraumteleskop können wir heute Galaxien erkunden, die Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind – zugleich sind Abermillionen von Menschen noch immer in ideologischen Bonsai-Welten eingesperrt, deren intellektueller Denkhorizont auf ein solches Miniaturniveau zusammengeschrumpft ist, dass die ‚eigene Religion‘, das ‚eigene Volk‘ oder die ‚eigene Nation‘ ungeheuer groß erscheinen müssen. Solange wir dieses Bildungsproblem nicht gelöst haben, werden wir die offene Gesellschaft kaum verteidigen können.“

Selbstverständlich vertritt die Giordano-Bruno-Stiftung nicht den Anspruch, dieses Bildungsproblem lösen zu können. In Kooperation mit dem (von der gbs getragenen) Hans-Albert-Institut (HAI) will sie aber zumindest Anregungen geben, wie man Kindern und Jugendlichen ein weniger limitiertes Weltbild vermitteln könnte. Erfolgen soll dies unter dem Label „Philo-Kids“, das als Ergänzung zu dem bereits etablierten „Evokids„-Projekt der Stiftung gedacht ist, welches die Evolutionstheorie an deutsche Grundschulen bringt. „Philo-Kids soll Schülerinnen und Schülern das notwendige philosophische Rüstzeug geben, um Fakten von Fakes, richtige von falschen Schlussfolgerungen und inhumane von humanen Aussagen unterscheiden zu können“, erklärt HAI-Leiter Florian Chefai. „Denn nur so werden sie in der Lage sein, die Weltbilder, mit denen sie aufgewachsen sind, kritisch zu hinterfragen.“

„Klare Kante“ gegenüber Extremisten zeigen

So wichtig ein breit aufgestelltes Bildungssystem ist, allein wird es kaum ausreichen, um der identitätspolitischen Bedrohung der Demokratie entgegenzuwirken. Mindestens ebenso entscheidend dürfte sein, dass der weltanschaulich neutrale Staat die Spielregeln der offenen Gesellschaft konsequent durchsetzt – vor allem gegenüber denjenigen, die vormoderne religiöse Dogmen an die Stelle individueller Freiheitsrechte setzen wollen. Mit diesem Problem ringt das (ebenfalls von der gbs getragene) Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) bereits seit Jahren. Momentan begleitet das Institut u.a. die Fälle von drei Ex-Muslimen, die im August 2022 gegen das inzwischen geschlossene „Islamische Zentrum Hamburg“ demonstriert haben. Nach einer Intervention des iranischen Mullahstaats erhielten die drei Kritiker*innen mithilfe des deutschen „Gotteslästerungsparagrafen“ 166 StGB Strafbefehle in Höhe von 60 bis 90 Tagessätzen.

Insofern ist auch die im vergangenen Jahr gestartete „Free Charlie!“-Kampagne zur Abschaffung des „Gotteslästerungsparagrafen“ als Bestandteil des aktuellen gbs-Schwerpunktthemas zu sehen. „Viel zu lange schon“, meint Michael Schmidt-Salomon, „wurden ausgerechnet die reaktionärsten, identitärsten Gruppen innerhalb der Religionsgemeinschaften mithilfe von ›Gotteslästerungsparagrafen‹ protegiert, während die progressiven, weltoffenen Gruppen zusätzlich unter Druck gesetzt wurden. Es ist an der Zeit, diese unvernünftige Strategie zu beenden und ›klare Kante‹ gegenüber Extremisten zu zeigen!“

In dem mit vielen Karikaturen ausgestatteten „Free Charlie!“-Buch, das am 7. Januar zum 10. Jahrestag des Attentats auf „Charlie Hebdo“ erscheinen wird, heißt es dazu: „Wir sollten den Strenggläubigen jeglicher Provenienz unmissverständlich vor Augen führen, dass der Verehrung der ‚Jungfrau Maria‘ oder des ‚Propheten Mohammed‘ in einem säkularen Staat keine höhere Bedeutung zukommt als etwa die Verehrung des FC Bayern München, von Monty Python oder Dolly Buster.“

Drei Großveranstaltungen im Herbst

Zum diesjährigen Schwerpunktthema der Giordano-Bruno-Stiftung zählen nicht nur die erwähnten Kampagnen, sondern auch drei Großveranstaltungen im Herbst 2025: Der Veranstaltungsreigen wird eröffnet durch das (von der gbs unterstützte) Kortizes-Symposium „Identität im Wandel“, das vom 3. bis 5. Oktober im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg stattfindet. Am 25. Oktober folgt in Berlin die Tagung „Auf dem Weg in die säkulare Gesellschaft?“, die zum 20-jährigen Bestehen der (von der gbs getragenen) Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) ausgerichtet wird und bei der es nicht zuletzt auch um das Problem der „religiösen Identität“ in einer weitgehend religionsfreien Gesellschaft gehen wird.

Identitätspolitische Fragestellungen wird schließlich auch das (von der gbs unterstützte) Philosophie-Festival „Philo.live!“ behandeln, das vom „Philosophie Magazin“ und der „phil.COLOGNE“ vom 15. bis 18. November in Berlin organisiert wird. Weiterführende Informationen zum gbs-Schwerpunktthema 2025 und den mit ihm verbundenen Veranstaltungen wird die Stiftung zu gegebener Zeit auf ihrer Website sowie im gbs-Newsletter veröffentlichen.

Erstveröffentlichung auf der Website der gbs.

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Lesung

esung von Helmut Ortner zu seinem Buch ‚Heimatkunde“. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Ort: Treff Quartier lV Luisenstr. 18 – 63263 Neu-Isenburg

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Philosophie- und Religionskundeunterricht statt Religionsunterricht


Philosophie- und Religions – kunde – unterricht
statt
Religionsunterricht

Ausgangspunkt:

Wir von der gbs Rhein Main sind der Auffassung, dass ein gutes, gemeinsames und auch friedliches Zusammenleben in unserem zunehmend pluralistischer werdenden Land in Zukunft nur gelingen kann, wenn ein gemeinsamer Wertekanon akzeptiert wird. Dieser Wertekanon kann nur derjenige sein, auf dem die freiheitlich-demokratische Grundordnung beruht. Zu dessen Vermittlung benötigen wir ein neues Werte-Unterrichtsfach, das von allen Schülern besucht wird: Im Jahre 2030 wird hierzulande wahrscheinlich ein Drittel der unter 30-Jährigen einen Migrationshintergrund haben. Unter solchen Bedingungen können wir es uns nicht leisten, die Schüler mit einem getrennten Religionsunterricht abzuspeisen, der von Kirchen oder religiösen Gruppen in ihrem Sinne dominiert und kontrolliert wird.

Standpunkt:

▼ Das Fach „Philosophie und Religionskunde“ sollte die weltanschauliche Bildung vermitteln, die Schülern ein selbstständiges Urteil über religiöse und nicht-religiöse Weltanschauungen ermöglicht. Schüler sollten altersgerecht über verschiedene Religionen, quasireligiöse Ideologien und philosophische Systeme aufgeklärt werden. Der Vergleich von Religionen und säkularen Weltanschauungen muss gefördert werden. Schüler sollten lernen, diese nach dem Prinzip der kritischen Prüfung zu bewerten und in die Lage versetzt werden, sich ihre Weltanschauung selbst auszusuchen. Letztlich kann nichts die Toleranz und damit das friedliche Zusammenleben so sehr fördern, wie die Demonstration der Verwundbarkeit jedweden religiösen und kulturellen Überlegenheitsdünkels gegenüber kritischem Hinterfragen.

▼ Wir vertreten also den Standpunkt, dass der gegenwärtige, vom Grundgesetz sichergestellte Status des konfessionsgebundenen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach beendet werden sollte. Hierfür muss zunächst eine gesellschaftliche Debatte zur Änderung der Verfassung angestoßen werden. Dazu müssten aber zunächst säkulare Gruppen in Politik, Medien und Entscheidungsgremien stärkere Beachtung und Vertretung finden. Wir sind sodann für die Einführung eines durchgängigen Pflichtfaches „Philosophie und Religionskunde“, dem zwei grundlegende Aufgaben zukommen würden:

▼ Zum einen müsste dieses Fach diejenigen Werte nahebringen, die für unser Grundgesetz ein unstrittiger Basiskonsens sind. Denn unsere Verfassung ist nur in einem weiteren Sinne weltanschaulich neutral, im engeren Sinne hat sie sehr wohl eine weltanschauliche Festlegung: die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Idee unveräußerlicher Menschenrechte, das Demokratiegebot sowie das Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip. Diese Grundsätze sind überwiegend das Produkt säkularer Philosophie und sollten daher auch in einem philosophie-basierten Unterricht vermittelt werden.

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Atheismus



Atheismus

Auszüge aus einem Interview, das Paul Schulz, Autor des Buches CODEX  ATHEOS — Die Kraft des Atheismus, dem Humanistischen Pressedienst am 02.02.2010 gegeben hat.

▼ Erst wenn sich der Mensch loslöst von einem Gott als der höchsten religiösen Autorität, befreit sich der Mensch von größtmöglicher Fremdbestimmung, nimmt er sich heraus aus der göttlichen Bevormundung, entwickelt er sich zu einem sich selbst bestimmenden und verantwortenden Individuum. Er wird ein autonomer Mensch. Diese Autonomie ist die Befreiung des Ich!

▼ Ich habe die Vorgabe einer absoluten göttlichen Autorität — so oder so — für mich letztlich rein rational abgeschafft. Ich brauche keinen Gott, keine Höchstautorität in persona, die mir vorschreibt, wie ich zu denken habe. Ich ziele in allem, was ich denke und tue auf individuelle Autonomie und Selbstverantwortung.

▼ Ich gestehe jedem Menschen seine Religion zu. Religion ist Privatsache — „res privata“, wie die alten Römer sagten. Dieses Recht ist ein Grundrecht unseres säkularen Staates, erfunden und geschützt gerade auch von Atheisten. Etwas völlig anderes ist die Machtentfaltung und Einflussnahme der institutionalisierten Religion(en) in unserer Gesellschaft. Dabei geht es um die „res publica“, um die religiösen Machteinflüsse auf unsere säkulare Gesellschaft und unseren säkularen Staat.

▼ Es ist völlig egal, was irgendein Bischof sagt. Bischof ist kein demokratisches Amt. […]. Als Atheist akzeptiere ich keinen Einfluss der Kirche oder institutioneller Religionen auf unseren Staat und unsere Gesellschaft. Ich wehre mich dagegen, dass unsere Kinder in den säkularen Schulen religiösen Glaubensunterricht bekommen.

▼ Ich glaube, dass der Mensch sehr wohl in eigener Verantwortung leben kann — ohne Kirche, ohne Religion, ohne Gott. Viele Menschen tun das. Sie verstehen ihr Leben vor dem Tod als ihr einziges Leben. Sie versuchen, dieses Leben bestmöglich zu gestalten. Sie setzen sich Ziele, geben sich selber Sinn, erfüllen Pflichten. Sie haben Freunde, genießen die Freuden in der Vielfalt und Schönheit des Daseins. Zugleich wissen sie um den Tod als das ganz natürliche Ende des Lebens — für immer. Ihren Tod verstehen sie als das Nichts, in dem — ohne allen Schrecken — ewiger Frieden herrschen wird.

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Frauenrechte

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